Vielfalt in der Einheit
Ob in der Freizeit oder bei der Arbeit, in Gesundheitsfragen oder im Sport, innerhalb des Freundeskreises oder im öffentlichen Leben: Viel zu vieles scheint sich mir mehr und mehr über Gegensätze zu definieren. Als gäbe es nur noch die zwei unvereinbaren Positionen: langweilig oder stressig, cool oder altbacken, gesund oder krank, Gegner oder Freund, Frieden oder Krieg.
Ich weiß aber, dass das Leben viel vielfältiger ist – gestützt durch das, was um mich herum passiert, bestätigt durch das alltägliche Leben. Und in meinem Beruf predige ich immer und immer wieder, dass wir als Menschen alle eins sind, ausgestattet mit gleicher Würde, und ich bete um diese Einsicht. Diese Unterschiedlichkeit in Einheit ist doch auch wirklich großartig, das macht uns doch aus als Menschen, finde ich!
Ja, mir tut das gut, mich lässt das aufatmen, so fühle ich mich frei, weil ich ein Teil dieser Vielfalt in der Einheit sein darf. Das ist nach meiner Überzeugung das größte Geschenk Gottes an uns als Menschen: Unterwegs zu sein in der großen Gemeinschaft der Menschen, ausgestattet mit Gottes Geist und Segen.
Dabei sind mir Worte, die auf –ismus enden, noch mehr ihre damit verbundenen Einstellungen, ein Graus, weil sie mich unfrei machen wollen, weil sie abgrenzen und einseitig sind. Ich freue mich vielmehr über die grenzenlose Vielfalt, es ist fantastisch, diese Vielfalt zu erleben und in und mit ihr leben zu dürfen. Dafür lebe ich, und ich bitte Gott jeden Tag um die Kraft, diese Einsicht auch wirklich zu leben.
Pfarrer Wilke, Warburg
Der barmherzige Samariter
„Haltung zeigen“ ist das Motto der diesjährigen internationalen Woche gegen Rassismus. DIE biblische Geschichte schlechthin dazu ist wohl die vom barmherzigen Samariter. Er hilft einem Israeliten, der unter die Räuber fiel und sorgt für seine medizinische Versorgung. Und das, obwohl die Israeliten und Samariter sich nicht besonders grün waren.
Der Samariter zeigt Haltung und Größe, churchy formuliert: Nächstenliebe. Aber wie geht das? Wenn wir mit den Konfirmand*innen diese Geschichte thematisieren, übertragen wir die Handlung mit Hilfe eines Rollenspiels in die heutige Zeit. Ehrenamtliche Teamer spielen folgende Szene:
Ein Bus bringt die Schüler*innen nach Hause in zwei naheliegende Vororte der Stadt. Die Fahrt beginnt. Ein*e Schüler*in (Idiot) hat keinen Platz.
8 Personen sind einfache Mitfahrer*innen. Sie beobachten nur, mischen sich aber nicht ein. Wenn die Fahrt beginnt, passiert Folgendes: »Idiot« wendet sich an »Opfer«. »Opfer« hat
einen Gangplatz. Verbal aggressiv versucht »Idiot«, »Opfer« zu zwingen, den Sitzplatz abzutreten. Irgendwann wird er/sie »Opfer« aus dem Sitz heraus zerren.
»Alex« (weiblich oder männlich) wird sich anschließend einmischen und »Idiot« davon zu überzeugen versuchen, die ungerechte Tat einzusehen und den Platz wieder her zu geben. Das wird »Idiot« aber nicht tun. »Alex« beruhigt sich wieder und »Opfer« steigt an der nächsten Haltestelle aus.
Danach geht die Fahrt noch ca. 1-2 Minuten weiter. Da alle die Anweisung haben, sich ruhig zu verhalten, wird dies schweigend erfolgen. Dies ist wichtig, damit für alle – auch für die außen sitzenden Konfis – die Szene in ihrer Dramatik erfasst werden kann. (Aus: Keßler/Nolte, Konfis auf Gottsuche, Der Kurs, Handbuch für Unterrichtende, © 2019 by Gütersloher Verlagshaus)
Die Konfis überlegen danach, wie dem „Opfer“ hätte geholfen werden können. Was wäre das Naheliegende? Was hätte der erste Schritt sein können. Manchmal reicht der ja schon, um mehr Verbündete zu bekommen. Uns ist dabei immer wichtig, Jugendliche zum Handeln zu motivieren – jedenfalls zu einem ersten Schritt.
Am Schluss fordern wir die Konfis auf, sich für die nächsten Wochen einen realen „ersten Schritt“ für ihren Alltag zu überlegen.
- Hier ein paar Beispiele:ch nehme mir vor, zwei Wochen lang über Menschen nicht in Kategorien zu denken (z.B. „die Ausländer)
- Ich höre für zwei Wochen auf, fies zu einem anderen Jungen aus unserer Klasse zu sein.
- Das nächste T-Shirt, das ich kaufe, ist fair gehandelt.
- Für die nächsten zwei Wochen gibt es nur noch fair gehandelte Süßigkeiten.
Was würden Sie sich vornehmen?
Pastorin Müller, Warburg
Eine Antwort
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