Vom Flüchtling zum Anlagenmechaniker
Es war kein leichter Weg für Mezher Alkaoud. 2015 kam er als syrischer Flüchtling nach Warburg, genauer gesagt ins Flüchtlingscamp nach Dössel. Schritt für Schritt ging es weiter: Nach dem Deutschkurs überzeugten ihn Ehrenamtliche aus der Flüchtlingsinitiative (heute Zweite Heimat Warburg e.V.) davon, eine Ausbildung zu machen. Denn es war klar, dass er in seinem in Syrien ausgeübten Beruf als Lehrer in Deutschland keine Chance haben würde.
Aus einem Praktikum im Jahr 2017 bei der Firma von Werner Ludwig in Hohenwepel wurde ein Ausbildungsplatz zum Anlagenmechaniker im Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik-Handwerk, kurz SHK-Handwerk. „Das erste Jahr war hart!“ resümiert Mezher Alkaoud rückblickend. Weiter Deutsch lernen, sich die vielen neuen Fachausdrücke aneignen, den deutschen Führerschein machen und dazu die Sorgen, wie es den Angehörigen in Syrien geht. Zum Glück konnte inzwischen seine Frau mit ihrem gemeinsamen Sohn nach fast zweijähriger Trennung nach Deutschland einreisen.
Das Betriebsklima bei der Firma Ludwig muss wohl stimmen. Denn Alkaouds Kollege Peter Brechtken (37) arbeitet nun schon seit 21 Jahren im Betrieb, sein 10 Jahre jüngerer Kollege Lars Fricke ist 10 Jahre dabei. Genau wie bei Mezher Alkoud fing alles mit einem Praktikum an, dann kam die Ausbildung zum Gesellen.
Auf die Frage, warum sie geblieben sind, antworteten beide ostwestfälisch trocken: „Warum sollten wir weggehen?“ Peter Brechtken sagt dann aber doch noch: „Ich wohne hier in der Nähe und komme mit dem Fahrrad zur Arbeit. Die Arbeit in einem kleineren Familienbetrieb ist abwechslungsreicher als in einem großen Betrieb, es gibt immer wieder eine andere Herausforderung!“ Lars Fricke nickt und ergänzt: „Durch die wechselnden Kunden lernt man sehr unterschiedliche Charaktere kennen, auch das ist interessant!“
Für Mezher Alkaoud, inzwischen zweifacher Familienvater, ist noch ein anderer Aspekt von Bedeutung: „Im Betrieb wurde mir schnell etwas zugetraut und ich konnte schon früh auch selbständig Aufgaben erledigen und hatte nicht das Gefühl nur Handlanger zu sein!“
Die anfängliche Sorge von Werner Ludwig, ob mancher Kunde Mezher Alkoud wegen seiner Herkunft vielleicht ablehnen würde, hat sich nie bestätigt. „Ich habe eigentlich immer nur eine positive Resonanz von den Kunden bekommen, was mich richtig freut!“
Würde Werner Ludwig wieder einen Geflüchteten ausbilden? „Natürlich! Wenn derjenige in unseren Betrieb passt, ist es mir egal, ob er ein Deutscher ist oder nicht.“ Es sei aber schwer Auszubildende zu finden, zu lange sei ein Handwerksberuf als minderwertig angesehen worden. Doch Ludwig ist optimistisch: „Die Leute merken langsam wieder, dass das Handwerk ein spannender, abwechslungsreicher Beruf sein kann, der positive Herausforderungen mit sich bringt!“
Noch etwas ist wichtig: Viele ungelernte Arbeiter, die mehr Geld verdient haben als Mezher Alkaoud während seiner Ausbildung, sind durch die Coronakrise arbeitslos geworden. Der frisch gebackene Geselle hingegen hat einen festen Arbeitsvertrag bei der Firma Ludwig in der Tasche und kann optimistisch in die Zukunft blicken.