Die Qualität der Arbeit ist entscheidend, nicht die Herkunft der Mitarbeiter
Bernd Grundkötter vom Warburger Unternehmen Tolges stellt gleich am Anfang des Gesprächs klar: „Mir ist die Herkunft unserer Mitarbeiter völlig egal! Ich erwarte von meinen Mitarbeitern Toleranz gegenüber den anderen Kollegen und dass sie ihre Arbeit vernünftig erledigen!“ Seit 40 Jahren stellt das Familienunternehmen unterschiedliche Produkte aus Kunststoff wie Verpackungsmaterial oder Laufrollen her. Grundkötter führt zusammen mit seinem Vater und seiner Schwester die Geschäfte des Unternehmens.
Ehsan Raouf aus Afghanistan macht bei Tolges eine Ausbildung zum Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik. Der Dreißigjährige muss lachen, wenn er erzählt, wie es dazu gekommen ist. „Ich hatte gerade ein Praktikum in einer Tagesbetreuungsstätte beendet aber erfahren, dass es dort keine Ausbildungsplätze gibt. Klaus Seewald von der Flüchtlingsinitiative Warburg, der mich sehr bei der Arbeitssuche unterstützt hat, war bei diesem Gespräch dabei. Auf dem Weg zurück ins Flüchtlingscamp Kleebrede sind wir spontan bei der Firma Tolges vorbeigefahren.“ Schon nach einem kurzen Gespräch fragte Bernd Grundkötter direkt: „Kannst du morgen anfangen?“ Ehsan Raouf konnte, begann im Februar 2017 eine Einstiegsqualifizierungsmaßnahme und im August die Ausbildung.
Das anspruchsvolle und vielseitige Berufsfeld gefällt dem Azubi. Um die Maschinen einzurichten und digital zu steuern, sind Computerkenntnisse erforderlich, um die Werkzeuge auf die Maschinen zu montieren braucht es technisches, handwerkliches Können und Kraft. Wichtig ist zudem die Qualitätskontrolle der Produkte am Anfang und während des Herstellungsprozesses, um die Maschinen gegebenenfalls nach zu justieren. Aber Ehsan Raouf schwärmt auch von dem Betriebsklima im Unternehmen: „Die Kollegen haben miteinander ein sehr gutes Auskommen. Wir sind fast wie eine Familie und mein Ausbilder Frank Hansmann unterstützt mich sehr.“
Bernd Grundkötter erzählt, er habe bei Ehsan von Anfang an ein gutes Gefühl gehabt. „Er kann zuhören und das umsetzen, was man ihm sagt.“ Dann fügt der Geschäftsführer hinzu, dass es immer schwerer werde gute Leute zu finden: „Vor einigen Jahren hatte man bei Bewerbungen noch die Auswahl, das ist heute nicht mehr so. Die Konkurrenz ist groß. Viele Unternehmen, die früher nicht ausgebildet haben, begreifen allmählich, dass sie sich selbst um Nachwuchs kümmern müssen.“ Die Firma Tolges hat jedes Jahr 5 bis 6 Azubis und unter den knapp 100 Beschäftigten sind bereits viele, die dort gelernt haben.
Grundkötter betont: „Integration gelingt am besten über Arbeit und fitte Jungs sind ein Segen für uns und unsere Region. Es ist gut, wenn junge Leute feststellen, dass man auch bei uns auf dem Land etwas werden kann. Damit können wir der Sogwirkung der großen Städte etwas entgegensetzen!“
Und was hält Ehsan Raouf von Warburg? Er zögert ein bisschen mit seiner Antwort und gesteht: „Also ehrlich, am Anfang habe ich gedacht, Warburg ist ein niedliches, kleines Dorf aber keine Stadt. Doch dann habe ich mich allmählich eingewöhnt, nicht zuletzt weil ich im Café International im Flüchtlingscamp Dössel erste Kontakte auch zu Warburgern bekommen habe.“ Abschließend ergänzt der aus Afghanistan Geflüchtete noch: „Besonders durch die Arbeit und eine eigene Wohnung ist Warburg meine Heimat geworden. Wenn ich zum Beispiel nach einem Besuch bei meinem Bruder in Holland am Warburger Bahnhof ankomme, habe ich das gute Gefühl, wieder zu Hause zu sein!“